Der Waschbär in Bayern

Niedlich, anpassungsfähig, problematisch?

Er ist kein Kostverächter und macht auch vor Mülltonnen nicht halt. Der Waschbär ist heute bei uns verbreitet. Sehen die einen ihn als eine ernste Bedrohung für Vögel und Amphibien und als invasive Art, heißen andere ihn willkommen. Doch in der Praxis ist die Entscheidung längst gefallen.

Waschbär sitzt auf einem Baumstamm, im Hintergrund grün | © Christoph Bosch © Christoph Bosch
In Siedlungen finden Waschbären Nahrung vor allem in Form von Speiseresten im Zivilisationsabfall.

Mittlerweile 1,3 Millionen Waschbären in Deutschland

Nasser Waschbär läuft an einem schlammigen Ufer entlang | © Gunther Zieger © Gunther Zieger
Waschbären halten sich gerne an Gewässern auf, wo sie nach Nahrung suchen.

Im Gegensatz zum Wolf, der schon immer zur heimischen Fauna gehört, wurde der aus Nordamerika stammende Waschbär in Deutschland Anfang des 20. Jahrhunderts zunächst als Pelzlieferant in Farmen gehalten. 1934 setzte man Waschbären dann „zur Bereicherung der heimischen Fauna“ am Edersee in Hessen aus. Seither breitet er sich in Deutschland von Nord nach Süd immer weiter aus, mittlerweile spricht man von mehr als 1,3 Millionen Tieren. Vielerorts sind Waschbären auch in Bayern häufig zu beobachten. Trotz des Namens ist der zu den Kleinbären zählende nachtaktive Waschbär näher mit Mardern verwandt als mit Bären.

Da sie schlecht sehen, drehen und wenden Waschbären Fressbares mit den wendigen Vorderpfoten hin und her, um es zu begutachten – manche Beutetiere eben auch im Wasser. Sie „waschen“ aber nicht wirklich, was sie verspeisen, sondern sind einfach oft in der Nähe von Gewässern zu finden. Auf dem Speisezettel stehen Fische, Krebse und Frösche genauso wie Vögel, Eidechsen und Mäuse, ergänzt durch Würmer, Schnecken, große Insekten und allerlei Pflanzliches wie Nüsse und Obst. In Siedlungen finden Waschbären Nahrung vor allem in Form von Speiseresten im Zivilisationsabfall. Geschickt räumen sie nachts Mülleimer aus oder nutzen Komposthaufen, Haustier- und Vogelfütterungen. Den Tag verbringen Waschbären in großen Baumhöhlen, Erdlöchern, Schuppen oder auf Dachböden. Oft sind sie zu zweit oder im Familienverband unterwegs.

Waschbär gilt als invasive gebietsfremde Art

Der Waschbär ist eine von über 1.000 Tierarten in Deutschland – meist Insekten –, die hier nicht heimisch sind und als Neozoen bezeichnet werden. Unter Neozoen versteht man Tier- oder Pflanzenarten, die nach 1492 (Entdeckung Amerikas) den Weg zu uns gefunden haben. Häufig sind Neozoen eingeschleppt, also unbeabsichtigt auf einen Kontinent oder in ein Gebiet gelangt. Pflanzen sie sich in freier Wildbahn über einen definierten Zeitraum erfolgreich fort, gilt eine Art als etabliert – das bedeutet aber nicht, dass sie nun heimisch wäre. Arten, die aufgrund von Konkurrenzvorteilen durch günstigere Lebensraumansprüche heimischen Arten zu schaffen machen, erhalten den Zusatz invasiv. Auch der Waschbär steht auf der „Liste invasiver gebietsfremder Arten von unionsweiter Bedeutung“ (Unionsliste), die 2016 von der EU-Kommission veröffentlicht wurde.

Inwieweit invasive Tierarten durch Jagd dezimiert oder sogar komplett entnommen werden sollten, ist umstritten. In Deutschland hat der Waschbär keine Schonzeit und dürfte mit Ausnahme jungeführender Muttertiere sogar ohne Einschränkung bejagt werden. In Bayern wurden 2019/20 knapp 4.000 Waschbären erlegt. Doch der Waschbär kann Verluste relativ schnell wieder ausgleichen, weshalb eine intensive, generelle Bejagung zur Wiederausrottung nicht unbedingt erfolgversprechend scheint. Zudem betrachten viele Menschen den frechen Kleinbären mit der Gangstermaske mittlerweile als normalen Bestandteil der Natur vor der Haustür. Häufig werden Waschbären leider sogar gezielt gefüttert.

Steckbrief Waschbär

  • Aussehen: 40 bis 60 cm Körperlänge (ohne Schwanz), bucklige Körperhaltung; grau mit schwarzer Augenmaske, buschiger, geringelter Schwanz, spitze Schnauze, runde Ohren
  • Lebensraum: Wald, Parks und Gärten, gerne in Wassernähe.
  • Nahrung: Vielseitig tierisch, pflanzlich und Abfälle
  • Fortpflanzung: Paarungszeit im Winter; ab März ein bis sieben Junge, die etwa fünf Wochen bei der Mutter im Wurfnest und weitere vier Monate im Familienverband bleiben.

Gefahr für heimische Tierwelt

Zwei Waschbären hängen in einem Baum mit kahlen Ästen, sie scheinen zu schlafen | © Christoph Bosch © Christoph Bosch
Waschbären sind gute Kletterer und erreichen Gelege in hohen Bäumen

Tatsächlich können Waschbären lokal eine große Gefahr für seltene Amphibien und Reptilien sowie vor allem für Vogelarten darstellen. Als Opportunisten fressen sie Eier nicht nur aus Gelegen von Bodenbrütern, sondern auch aus Nestern hoch in Bäumen. Mit ihren langen Beinen und Greiffüßen erreichen sie vor Katzen und Mardern sichere Nester in Nistkästen, wo sie mitunter die Einfluglöcher mit den Zähnen erweitern. Waschbären sind extrem gute Kletterer, die auch an Regenfallrohren und glatten Hauswänden einen Weg finden.

Wo sie in Siedlungen vorkommen, sollte man potenzielle Nahrung (Speisereste, Futterstellen, gelber Sack) unzugänglich lagern, mögliche Unterschlupfe am Haus versperren sowie waschbärsichere Nistkästen aufhängen. Auf keinen Fall sollten die kleinen „Bären“ angefüttert werden. In die Enge getrieben, können die eigentlich friedlichen Tiere schon mal kratzen oder beißen und dabei auch Krankheiten übertragen.

Eine generelle „Verteufelung“ ist dennoch nicht angebracht, zumal wir den Waschbären mittlerweile nicht mehr ausrotten könnten. Besser wäre es, den Bestand gezielt zu managen

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