Europäische Sumpfschildkröte

Emys orbicularis

Europäische Sumpfschildkröte | © Christoph Bosch © Christoph Bosch
Die europäische Sumpfschildkröte muss dringend geschützt werden.

Rote Liste Deutschland: vom Aussterben bedroht, in Bayern als nicht heimisch eingestuft

 

Merkmale und Aussehen

Die Färbung und Zeichnung der Europäischen Sumpfschildkröte ist sehr variabel. Ein Männchen zeigt oft runde Flecken auf dem braunen oder schwarzen Rückenpanzer, während das Weibchen eine strahlenförmige Musterung aufweist. Die Gliedmaßen und der Hals sind überwiegend dunkelbraun bis schwarz, oft mit gelben Zeichnungen. Die Europäische Sumpfschildkröte erreicht eine maximale Panzerlänge von 23 cm. Das Männchen wiegt in der Regel weniger als 1 kg, während das Weibchen bis zu 1,5 kg wiegen kann. Das Männchen zeichnet sich durch einen flacheren Panzer, stärker gekrümmte Krallen, einen dickeren (aber nicht längeren) Schwanz und eine dunklere Färbung aus. Das Geschlecht lässt sich zudem oft an der Irisfarbe erkennen: Ein Männchen hat eine rötlich-braune Iris, das Weibchen eine gelbliche. Zudem ist die Maserung des Schwanzes ein guter Indikator. Weibchen sind gepunktet während Männchen lineare Strukturen aufweisen. Viele Exemplare der Europäischen Sumpfschildkröte besitzen auf ihrem dunklen Panzer eine gelbe Strichel- oder Punktzeichnung. Auch die Kehle ist häufig gelb gesprenkelt. Die Zeichnung am Kopf kann zur Identifikation genutzt werden. Besonders gern sonnt sich die Schildkröte auf ins Wasser ragenden Stämmen.

Verbreitung

Die Europäische Sumpfschildkröte ist vorwiegend im Süden und Osten Europas verbreitet. In Deutschland gibt es noch Restvorkommen im Nordosten sowie möglicherweise im Rhein-Main-Gebiet und in Oberschwaben. Häufig wurden auch südeuropäische Schildkröten oder osteuropäische Tiere eingeschleppt, die jedoch einer anderen Unterart angehören. Wir gehen davon aus, dass die genetische Variante Haplo2a unsere einheimische Variante ist. Sie bewohnt krautige Gewässer in den Seen- und Bruchlandschaften von Waldgebieten.

Lebensraum

Sie zeigt eine starke Bindung an den Lebensraum Wasser. In Mitteleuropa bevorzugt sie relativ flache, pflanzenreiche Seen, die sich leicht von der Sonne erwärmen können, sowie Bruchlandschaften und gelegentlich langsam fließende Gewässer. Wichtig für die Schildkröte sind ungestörte Sonnplätze wie ins Wasser ragende Baumstämme und Äste sowie ausgeprägte, bewuchsreiche Verlandungszonen. Sie sind keine sehr guten Schwimmer und benötigt die Strukturen von Pflanzen und Sediment zur Fortbewegung. Zwischen den Sonnenbadephasen verbringt sie den größten Teil des Tages im Gewässer auf der Suche nach Nahrung. Der Lebensraum umfasst neben dem Gewässer auch die nähere und weitere Umgebung, die Überwinterungsquartiere, Eiablageplätze und Jungtierhabitate einschließt. In erreichbarer Nähe (idealerweise weniger als 300 m) zum Gewässer müssen geeignete Eiablageplätze vorhanden sein, die offen, trocken und wärmebegünstigt sind.

In Deutschland überwintern Europäische Sumpfschildkröten in der Regel im Gewässer. Überwinterungen an Land, in selbst gegrabenen Höhlen, sind selten und treten möglicherweise als Reaktion auf ausgetrocknete Gewässer auf. In sehr trockenen Sommern, wenn das Gewässer austrocknet, kann es auch zu Phasen der Sommerruhe kommen, wobei die Schildkröten im Gewässerschlamm eingegraben ruhen.

 

Europäische Sumpfschildkröte |© Andreas Hartl © Andreas Hartl
Europäische Sumpfschildkröten können in Gefangenschaft bis zu 70 Jahre alt werden.

Fortpflanzung

Die Eiablage der Europäischen Sumpfschildkröte erfolgt zwischen Ende Mai und Juli in schütter bewachsenen, sonnigen und nicht staunassen Lockersandbereichen, wie beispielsweise Binnendünen oder sandigen Waldrändern. Ungestörte, reich strukturierte Gewässer dienen den erwachsenen Tieren sowohl als Überwinterungsort als auch für die Paarung. Das Höchstalter wird auf etwa 100 Jahre geschätzt. Die Überwinterungszeit dauert in der Regel bis etwa März. Danach kommt es zur Paarung. Ende Mai bis Anfang Juni vergraben die Weibchen ihre bis zu 20 Eier in sonnigen, offenen Flächen. Etwa drei Monate später schlüpfen die Jungtiere. Die Sumpfschildkröten erreichen die Geschlechtsreife nach etwa 10 bis 15 Jahren.

Nahrung

Die Sumpfschildkröte ernährt sich hauptsächlich von Wasserinsekten, Schnecken und Amphibienlarven. Vor allem ist sie auch ein wichtiger Faktor in der Aasökologie. Bei höheren Temperaturen nimmt sie auch pflanzliche Nahrung zu sich. Als Nahrungsgeneralist frisst sie alles, was ihr zur Verfügung steht. Diese Nahrung kann sie jedoch nur im Wasser verzehren, da sie außerhalb des Wassers nicht schlucken kann.

Im Frühsommer nutzt die Europäische Sumpfschildkröte jede Gelegenheit zur Nahrungsaufnahme. Ihre Beute besteht vor allem aus Tieren wie Würmern, Schnecken, Gliederfüßern, Kleinkrebsen, Fischen sowie Amphibien und deren Larven. Gelegentlich wird auch pflanzliche Nahrung aufgenommen.

Europäische Sumpfschildkröte |© Kirsten Schindler © Kirsten Schindler
Die Europäische Sumpfschildkröte ist die einzige in Deutschland wild vorkommende Schildkrötenart.

Gefährdungen

Die Trockenlegung von Sümpfen und Gewässern führt zum Verlust geeigneter Lebensräume für die Europäische Sumpfschildkröte. Auch Veränderungen in der Land- und Forstwirtschaft sowie eine zunehmende Freizeitnutzung stellen eine Bedrohung, insbesondere für die Eiablageorte, dar. Zudem wirken sich Schadstoffeinträge und eine Nährstoffanreicherung in den Gewässern negativ auf die Gewässerqualität aus.

  • Verletzung oder Tötung von Tieren während der Überlandwanderungen durch Überfahren oder unangepasst eingestellte Mähwerkzeuge
  • Fang und Tötung von Tieren durch Reusen- (stark rückläufig) und Stellnetzfischerei
  • Zerstörung und Entwertung der Gewässerlebensräume durch Grundwasserabsenkung, Gewässerausbau und Verschüttung
  • Verlust von Sonnenplätzen in Folge von land-, forst- und fischereiwirtschaftlicher Nutzung
  • Zusetzen von nicht einheimischen Tieren, z.B. Schmuckschildkröten aus Nordamerika, und dadurch bedingte Konkurrenz/Verdrängung
  • Durch Menschen verursachte Störungen an den Wohngewässern, insbesondere Sonnenplätzen (Angler!) und Eiablageplätzen
  • Möglicherweise Einflüsse des Klimawandels (z.B. Beschleunigung der Verlandung der Wohngewässer infolge geringerer Sommerniederschläge und höherer Sommertemperaturen)
Europäische Sumpfschildkröte | © Dr. Christoph Moning © Dr. Christoph Moning
Nicht einheimische Arten, wie die Schmuckschildkröte machen es der europäischen Sumpfschildkröte schwer, zu überleben.

Mögliche Schutz-Maßnahmen

  • Freihalten von geeigneten Eiablageplätzen durch planvolle Mahd
  • Umwandlung von Acker in wenig genutztes Grünland im Bereich von Eiablageplätzen bzw. potenziellen Eiablageplätzen
  • Erhaltung von besonnten Brachflächen, Dämmen und Magerrasen im Bereich der Lebensräume
  • Keine Angelfischerei an Wohngewässern von Sumpfschildkröten
  • Erhalt und Wiederherstellung von unzerschnittenen Gewässerverbundsystemen z.B. Kleingewässeransammlungen
  • Maßnahmen am Gewässer im Sommer durchführen, da die Tiere teilweise im Wasser überwintern
  • Kein gezieltes Ablassen von Gewässern („Winterung“, „Sommerung“) sofern keine Ausweichgewässer zur Verfügung stehen
  • Schutz der Gelege vor Fressfeinden durch Gitternetzabdeckung von Nestern bzw. Abzäunen von Eiablageplatzen (z.B. mit Forstkulturzäunen)
  • Konsequente und kontinuierliche Bejagung des Waschbären insbesondere an den Gewässerufern und Gelegeplätzen

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