Nürnberger Bartgeier bebrüten Eier
Nächster Schritt im Auswilderungsprojekt genommen: Zuchtpaar aus dem Tiergarten hat mit der Brut begonnen – Videos von Balz und Nestbau
Im kommenden Mai wird der LBV in Zusammenarbeit mit dem Nationalpark Berchtesgaden zum ersten Mal drei junge Bartgeier auswildern. Die Wahrscheinlichkeit, dass dabei auch ein Jungvogel aus dem Tiergarten der Stadt Nürnberg stammen könnte, ist nun weiter gestiegen. Das dortige Bartgeier-Paar hat vor kurzem mit der Brut begonnen, nachdem das Weibchen zwei Eier gelegt hatte.
Der LBV freut sich sehr darüber, dass das Nürnberger Paar mit dem Brüten begonnen hat. Das ist ein weiterer Schritt hin zu einem jungen fränkischen Bartgeier in den bayerischen Alpen. Der Nürnberger Tiergarten ist Teil des europäischen Bartgeier-Zuchtnetzwerks (EEP/Erhaltungszuchtprogramm des Europäischen Zooverbands) und freut sich ebenfalls:
„Bis Mitte Januar hat unser Weibchen zwei Eier gelegt, die die Geier jetzt im Partnerwechsel bebrüten werden. Ist die Brut erfolgreich, sollten die Jungvögel Anfang März schlüpfen“, so Jörg Beckmann, stellvertretender Direktor und Biologischer Leiter des Tiergartens Nürnberg. Die Geschehnisse rund um das Nürnberger Bartgeier-Paar und seinen Nachwuchs kann dank zweier Kameras im Gehege auch jede*r hier mitverfolgen.
Brutbeginn bereits im Hochwinter

Für die meisten Vogelarten ist eigentlich der Frühling die ideale Zeit, um Eier zu legen und mit dem Brutgeschäft zu beginnen. Nicht so bei den Bartgeiern, Europas seltenster Geierart. Diese beginnen bereits im Hochwinter mit der Brut. In ihrem alpinen Lebensraum halten aktuell auch tiefe Minustemperaturen, tagelange Schneefälle und Lawinenabgänge die Brutpaare nicht davon ab, ihre beiden Eier zu legen und sie die nächsten 52 Tage über ausdauernd zu bebrüten.
Die besondere Brutzeit hängt mit der Ernährung der Küken zusammen, die im Gegensatz zu den Altvögeln keine Knochen verdauen können. Daher hat sich die Art so entwickelt, dass die Küken gegen Ende des Winters schlüpfen, wenn es in den alpinen Lagen durch verunglückte Wildtiere ein reichhaltiges Angebot an Aas gibt. Dabei handelt es sich vor allem um Gämsen und Steinböcke, die in Lawinen verendet sind und dann im tauenden Schnee zum Vorschein kommen. Dank der Synchronisierung des Schlupfzeitraums mit der Schneeschmelze ist sichergestellt, dass genügend Tierkadaver vorhanden sind, mit denen die Eltern ihre Küken ernähren können.
Elternvögel ziehen immer nur ein Junges auf

Und obwohl die Bartgeier im Tiergarten Nürnberg weniger harten Wetterbedingungen ausgesetzt sind als ihre Artgenossen in den Alpen, läuft auch bei diesen Vögeln das in Jahrtausenden entwickelte Verhalten ab.
Anfang Januar legte das Nürnberger Weibchen das Erste der mehr als faustgroßen Eier, keine zwei Wochen später folgte das Zweite. „Unser erfahrenes Brutpaar wechselt sich derzeit routiniert bei der Bebrütung der Eier ab“, sagt Jörg Beckmann, Vizedirektor des Tiergartens.
Somit stehen die Chancen gut, dass Anfang März mindestens ein kleiner Bartgeier in Nürnberg schlüpfen wird. Sollten zwei Jungvögel schlüpfen, müssen diese nach dem Schlupf sofort getrennt werden, da sie von Natur aus eine starke Aggression gegeneinander aufweisen und immer nur das stärkere Küken überlebt.
Bei insgesamt fast vier Monaten Nestlingszeit in der Natur und Unmengen von Futter, die solch ein heranwachsender Geier fressen muss, ist nachvollziehbar, dass die Eltern niemals zwei Junge aufziehen können.
Zwei Küken verdoppeln die Chance einer Auswilderung
Im Nürnberger Tiergarten wiederum wäre es durch ein eingespieltes Expertenteam möglich, das schwächere Küken einem anderen, „kinderlosen“ Bartgeier-Ammenpaar aus dem Zuchtprogramm zukommen und es von diesem ohne menschlichen Kontakt großziehen zu lassen. „Damit würde sich die Wahrscheinlichkeit verdoppeln, dass letztlich eines der beiden Jungtiere im Mai für eine Auswilderung im Nationalpark Berchtesgaden geeignet ist.
Sollte ein zweiter Geier schlüpfen, könnte dieser im Rahmen eines anderen Auswilderungsprojekts abgegeben werden oder innerhalb des europäischen Zuchtprogramms für den Fortbestand dieser Art sorgen“, so Beckmann.
Die derzeit in den Eiern wachsenden kleinen Bartgeier werden wohl sehr verschiedene Lebenswege einschlagen, aber jeder auf seine Weise könnte einen wichtigen Beitrag zur Zukunft dieser beeindruckenden Spezies leisten.
Erste Videos aus dem Bartgeier-Gehege

Erste beeindruckende Bewegtbilder des Nürnberger Bartgeierpaares liefern Videos des LBV und des Tiergartens Nürnberg, welche die Vögel bei Nestbau, Balz, Kopulation und beim Brüten zeigen. Im Gehege sind zwei Kameras angebracht, welche das Verhalten der beeindruckenden Vögel sowohl im Außenbereich als auch im Horst aufzeichnen.
In den letzten Wochen haben die Kameras das Balzen, Kopulieren und das eintragen von Nistmaterial aufgezeichnet. Sowohl die Bartgeier in der Natur als auch die Vögel im Nürnberger Tiergarten waren die letzten Wochen sehr fleißig mit den Vorbereitungen für die jährliche Brutsaison. Dank der Videos kann dies nun jeder miterleben
