Dem Naturschutz wird eine Basis entzogen

Fachgrundlage des Naturschutzes wird ausgebremst – Schlichtungsverfahren verstoßen gegen Bundesrecht

Am kommenden Mittwoch wird im Bayerischen Landtag das Volksbegehren Artenvielfalt und das dazugehörige Begleitgesetz verabschiedet. Mit einer von der CSU-Fraktion eingebrachten Änderung entzieht die Regierungskoalition dem Naturschutz in Bayern eine Grundlage. Die geplante Einführung eines Schlichtungsverfahrens bei der Biotopkartierung verstößt gegen bundesweites Recht.

Renaturierte Altmühlwiesen im LBV-Schutzgebiet Altmühlwiese | © Christiane Geidel © Christiane Geidel
Die Biotopkartierung ist das zentrale Instrument für alle Projekte, Planungen und Konzepte im Naturschutz

Offenbar aufgrund des Drucks von Grundeigentümerverbänden hat die Regierungskoalition im begleitenden Maßnahmenkatalog einen Passus eingefügt, der bei jeder Biotopkartierung Grundeigentümern ein kostenloses „Schlichtungsverfahren“ ermöglichen soll. „Mit den Schlichtungsverfahren führt die Regierung ein bei der Biotopkartierung nicht anwendbares Instrument ein. Damit kann die Biotopkartierung in Bayern lahmgelegt werden.

Dies wäre ein schwerer Rückschlag für den Natur- und Artenschutz, denn die Biotopkartierung ist das zentrale Instrument für alle Projekte, Planungen und Konzepte im Naturschutz“, erklärt der LBV-Vorsitzende Dr. Norbert Schäffer.

Schlichtungsverfahren wecken falsche Erwartungen

Schafe im LBV-Schutzgebiet Basaltbruch Zinst | © Julia Römheld © Julia Römheld
Fachliche Kriterien entscheiden über die Ausweisung eines Biotops

Selbstverständlich sei es sinnvoll, Flächeneigentümer über die laufenden Kartierungsarbeiten zu informieren und ihnen die Ergebnisse mitzuteilen.

Die Biotopkartierung stellt aber allein auf der Basis von Tatsachen, also dem Vorkommen von Tier- und Pflanzenarten, die Existenz von bestimmten Biotoptypen fest. Mit den Schlichtungsverfahren werde die Erwartung bei Grundeigentümern geweckt, dass die Ergebnisse und Konsequenzen verhandelbar sind.

Dies ist durch das Bundesnaturschutzgesetz jedoch nicht gegeben. „Es ist unabdingbar, dass Biotope nach wie vor nach fachlichen Kriterien ausgewiesen werden, nicht verhandelbar sind und es keinen Zustimmungsvorbehalt der Grundstückseigentümer gibt“, so Schäffer.

Erörterungsgespräch statt Schlichtungsverfahren

LBV-Schutzgebiet Bischofsaue Bad Rodach mit Ansitz | © Julia Römheld © Julia Römheld
Der Schutzstatus eines Biotops tritt bereits mit Bestehen der Biotopeigenschaft ein
Der LBV stellte den Fraktionen im Landtag ein aktuelles Rechtsgutachten der Rechtsanwaltkanzlei Meisterernst zu, das die Rechtsmäßigkeit der Schlichtungsverfahren bewertet.
 
Am Freitag hatten die Artenschützer bereits Ministerpräsidenten Markus Söder aufgefordert, den Begriff Schlichtungsverfahren im Antrag zu streichen. „Stattdessen sollte der Begriff Erörterungsgespräch verwendet werden“, fordert der LBV-Vorsitzende.
 
Aus dem Gutachten der Kanzlei Meisterernst:
 
„§ 30 Abs. 7 BNatSchG steht einem solchen Schlichtungsverfahren jedoch entgegen. Da es sich bei der Aufnahme in ein Biotopverzeichnis um einen rein deklaratorischen Akt handelt und der Schutzstatus bereits kraft Gesetzes mit Bestehen der Biotopeigenschaft eintritt, kann keine Beilegung in Form eines Kompromisses erfolgen. Die Länder sind durch Bundesrecht verpflichtet, bestehende Biotope zu registrieren. Ein Spielraum für Kompromisse ist in diesem Zusammenhang nicht vorgesehen.“

Missverständnisse vermeiden

Der von der Regierungskoalition beschlossene Text:

„Es ist sicherzustellen, dass vor Beginn der Untersuchung zur Biotopkartierung die Grundstückseigentümer einbezogen werden. Beabsichtigt die Behörde, für einen Grundstücksbestandteil die Aufnahme in das Biotopverzeichnis vorzunehmen, ist auf Wunsch jedes betroffenen Grundstückseigentümers – zusätzlich zu den bestehenden Rechtsschutzmöglichkeiten – ein für ihn gebührenfreies und zu dokumentierendes Schlichtungsverfahren durchzuführen, bei dem das Vorliegen der Biotopeigenschaften überprüft wird.“

Hintergrund

Als Schlichtung wird eine außergerichtliche Beilegung eines Rechtsstreits zwischen streitenden Parteien angesehen. Diese Beilegung erfolgt in Form eines Kompromisses, welcher von einer neutralen Instanz vorgeschlagen und von den Parteien akzeptiert wird.

In Bayern regelt das Bayerische Schlichtungsgesetz, in welchen Fällen obligatorisch vor Durchführung eines Rechtsstreits, ein Schlichtungsverfahren durchzuführen ist. „Bei der Einbeziehung der Grundeigentümer bei der Biotopkartierung kann es sich jedoch nicht um eine Schlichtung im rechtlichen Sinne handeln. Der Begriff ist daher im Antrag der Regierungskoalition falsch gewählt“, so Norbert Schäffer.

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© Gunther Zieger

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