Bartgeier Vinzenz hebt ab zum Jungfernflug

Weiterer Erfolg im Gemeinschaftsprojekt von LBV und Nationalpark Berchtesgaden – Offizielle Bartgeier-Führungen buchbar

Aufbruchsstimmung in Bayerns Bartgeier-Nische: Geier Vinzenz ist gestern um 6.40 Uhr mit ein paar kräftigen Flügelschlägen in die Lüfte gestartet und elegant aus der eingezäunten Felsnische gesegelt (siehe Video). Damit ist bereits der siebte Vogel dieser bedrohten Art im Gemeinschaftsprojekt von LBV und dem Nationalpark Berchtesgaden ausgeflogen.

Vor knapp vier Wochen am 29. Mai wurden die beiden Bartgeier-Burschen Wiggerl und Vinzenz vom Projektteam im Klausbachtal ausgewildert. Artgenosse Wiggerl wird voraussichtlich in den nächsten Tagen ebenfalls die Auswilderungsnische verlassen. Auch diesen Erstflug kann jede und jeder mit etwas Glück live per Webcam auf der Webseite des LBV oder des Nationalparks Berchtesgaden mitverfolgen.

Vinzenz ist Spitzenreiter in Sachen Flügelschlägen pro Tag und überholt sogar Recka

Im Vergleich zum Alter der meisten anderen ausgewilderten jungen Bartgeier im europäischen Wiederansiedelungsprogramm war Vinzenz mit 115 Tagen beim ersten Flug relativ jung. Im Durchschnitt fliegen junge Bartgeier im Alter von 120 Tagen aus. „Dass dieses Jahr Vinzenz der erste unserer beiden Geier sein würde, der die Lüfte erobert, hatten wir bereits kurz nach der Auswilderung erwartet. Er war von Anfang an extrem engagiert beim Üben seiner Flügelschläge, führte täglich dreimal so viele Schläge wie Wiggerl aus und brachte es kurz vor seinem Ausflug auf über 400 Flügelschläge pro Tag“, sagt LBV-Bartgeierexperte Toni Wegscheider.

Ihrem Instinkt folgend haben die beide Bartgeier in den vergangenen Wochen von Tag zu Tag mehr Übungsflügelschläge absolviert. Hunderte solcher Schläge und täglicher Flattersprünge wirken wie ein intensives Training der Flugmuskulatur als Vorbereitung für den Erstflug. „Beide Geier haben ähnlich viel geübt wie die sechs bereits ausgewilderten Vögel. Dabei legte Vinzenz von Anfang an gut vor: Mit 304 Schlägen an einem Tag innerhalb der ersten Woche überholte er sogar die bisherige Spitzenreiterin Recka, die damals nach 4 Tagen stolze 262 mit den Flügeln schlug“, sagt Nationalpark-Projektleiter Ulrich Brendel.

Recht moderates Verhalten der beiden Jungvögel miteinander

Vinzenz und Wiggerl in Aktion | © LBV Webcam © LBV Webcam
Vinzenz und Wiggerl in Aktion

Die ersten Wochen in der Felsnische waren geprägt von teilweise sintflutartigem Dauerregen, sodass die Nische nicht immer trocken war. Auch wenn der Regen Einfluss auf die Aktivität der beiden Jungvögel hatte, macht er ihnen nicht übermäßig viel aus. „Bartgeier kommen problemlos mit Nässe und kälteren Temperaturen zurecht. Das Konturgefieder lässt einen Großteil des Wassers abperlen und die darunterliegenden, wollartigen Daunenfedern halten sie gut warm“, erklärt Toni Wegscheider.

In den vier Wochen lebten die beiden Bartgeier-Männchen weitgehend friedlich zusammen, sind dabei aber deutlich distanzierter als die Jungvögel aus den Vorjahren. So gab es immer mal wieder kleine Streitigkeiten um die schönsten Futterhappen. Auch der unfreiwillige Sturz von Wiggerl aus der Nische nach einer Auseinandersetzung mit Vinzenz vor zwei Wochen führte zu keinerlei Verletzungen.

„Alles in allem handelt es sich um ein recht moderates Verhalten zweier Jungvögel untereinander, vor allem im Vergleich mit den ersten beiden Projektjahren. Die Größe der Nische und die ausreichende Nahrungsversorgung sind zwei Schlüsselgrößen, die sich ganz allgemein positiv auf die Beziehungen auswirken dürften“, so Ulrich Brendel.

Offizielle Bartgeier-Führungen

Infostand Bartgeier Halsalm
Bartgeier-Infostand an der Halsalm

Am offiziellen Bartgeier-Infostand im Nationalpark an der Halsalm, der auf einer Wanderroute liegt, können sich in den kommenden Wochen alle Besuchenden täglich bei den Projektmitarbeitenden erkundigen, wo genau sich Wiggerl und Vinzenz gerade aufhalten und wo man sie beim Beobachten am wenigsten stört. Sowohl der LBV als auch der Nationalpark Berchtesgaden bieten jeden Dienstag und Donnerstag kostenlose Bartgeier-Führungen an, für die jedoch eine Anmeldung erforderlich ist.

Informationen gibt es unter www.nationalpark-berchtesgaden.bayern.de im Bereich Veranstaltungen sowie unter .

Hier geht's zum Bartgeier-Rundweg an der Halsalm

Futter in der Umgebung ist ausgelegt

In Vorbereitung auf den ersten Ausflug hat das Bartgeier-Team von Nationalpark und LBV einen Futterplatz unterhalb der Nische bereits vor einigen Tagen bestückt. Der Platz ist fußläufig für Vinzenz erreichbar, da seine die Flugfähigkeit in den ersten Tagen noch sehr eingeschränkt ist. Projektmitarbeitende werden auch in den kommenden Wochen immer vor Ort sein und das Verhalten der beiden jungen Bartgeier weiterhin genauso intensiv überwachen wie bisher.

Das Bartgeier-Projekt

Logo Bartgeierprojekt

Der Bartgeier (Gypaetus barbatus) zählt mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,90 Metern zu den größten, flugfähigen Vögeln der Welt. Anfang des 20. Jahrhunderts war der majestätische Greifvogel in den Alpen ausgerottet. Im Rahmen eines großangelegten Zuchtprojekts werden seit 1986 im Alpenraum in enger Zusammenarbeit mit dem in den 1970er Jahren gegründeten EEP (Europäisches Erhaltungszuchtprogramm) der Zoos junge Bartgeier ausgewildert.

Das europäische Bartgeier-Zuchtnetzwerk wird von der Vulture Conservation Foundation (VCF) mit Sitz in Zürich geleitet. Während sich die Vögel in den West- und Zentralalpen seit 1997 auch durch Freilandbruten wieder selbstständig vermehren, kommt die natürliche Reproduktion in den Ostalpen nur schleppend voran. Ein vom bayerischen Naturschutzverband LBV (Landesbund für Vogelschutz) und dem Nationalpark Berchtesgaden gemeinsam initiiertes und betreutes Projekt zur Auswilderung von jungen Bartgeiern im bayerischen Teil der deutschen Alpen greift dies auf und unterstützt in Kooperation mit dem Tiergarten Nürnberg die alpenweite Wiederansiedelung.

Dafür werden in den kommenden Jahren im Klausbachtal junge Bartgeier ausgewildert – im Jahr 2021 erstmals in Deutschland. Der Nationalpark Berchtesgaden eignet sich aufgrund einer Vielzahl von Faktoren als idealer Auswilderungsort in den Ostalpen.

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© Gunther Zieger

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