Statusbericht 2/2024 – Imposante Flugentwicklung

Auch Wiggerl zeigt bereits herausragende Flugfähigkeiten

Vinzenz im Flug |© Markus Leitner © Markus Leitner
Vinzenz in der Halsgrube. Beide sind flugtechnisch schon sehr fortgeschritten für ihr Alter.

Ein wichtiger Bestandteil des Auswilderungsprojekts ist das lückenlose Monitoring vor Ort. Unsere Beobachtungen wollen wir natürlich auch mit Euch teilen und veröffentlichen in loser Reihenfolge neue Informationen an dieser Stelle. Im heutigen Statusbericht berichten wir über die Entwicklungen seit den Erstflügen.

Inzwischen ist eine knappe Woche seit den Erstflügen vergangen. Die teilweise schwierigen Beobachtungs- und Flugbedingungen hatten sicher einen Einfluss auf die bisherige Entwicklung, aber die beiden zeigen schon jetzt außerordentlich beeindruckende Flugfähigkeiten. Nachdem wir in einem vergangenen Beitrag Vinzenz bereits als „Naturtalent“ bezeichneten, müssen wir diese Einwertung auch an Wiggerl vergeben.

Beeindruckende Flugentwicklung - Beide sind schon sehr weit für ihr Alter

Vinzenz im Flug |© Markus Leitner © Markus Leitner
Vinzenz bewegt sich schon sehr früh in den höheren Bereichen über der Halsgrube

Von Anfang an beeindruckte Vinzenz das Team durch seine für sein Alter sehr fortgeschrittene Flughöhe. Bereits kurz nach dem Ausflug erreicht er trotz häufig nicht optimalen Flugbedingungen mittlere Bereiche rund um das Knittelhorn. Besonders beeindruckend erscheint die bereits erreichte Flugdauer – vor allem im Vergleich mit den Daten der bisher ausgewilderten Vögel: nur 5 Tage nach dem Erstflug legte er am 30.06. schon einen knapp fünfminütigen Flug hin.

Wiggerl zeigt unglaubliche Leistungen

Wiggerl entwischt Gams  |© Hans Klein © Hans Klein
Wiggerl wurde am Tag des Ausflugs schon unsanft von einer Gamsgeiß aufgescheucht. Er konnte aber gut abfliegen und kam mit einem kleinen Schreck davon.

Getoppt werden diese eindrucksvollen Werte allerdings noch von Wiggerl! Er hat gestern, vier Tage nach seinem Ausflug Leistungen gezeigt, die alle bisherigen Flugentwicklungen sprengen: Sieben Flüge, die jeweils über mehrere Minuten dauerten, zwei davon länger als mindestens 6 Minuten! Die Gesamtsumme ergab dabei bereits an die 30 Minuten reine Flugzeit. Um das mal ins Verhältnis zu setzen: Die bisherige Spitzenreiterin Recka erreichte erst nach 2 Wochen eine ähnliche Gesamtflugdauer pro Tag, einen einzelnen Flug über 5 Minuten erst nach knapp drei Wochen. Dagmar erreichte einen Flug über diese Dauer nach etwa zwei Wochen.
Gestern haben beide dann bereits das erste Mal die Halsgrube verlassen und sich am Rande des Hochplateaus der Reiteralm hinter dem Knittelhorn und auch weiter nördlich davon, bewegt. Damit haben sie sich schon die Gipfelzone erschlossen und sind auch in diesem Bereich deutlich weiter als ihre Vorgänger.
Wir werden demnächst einen grafischen Vergleich der Flugwerte der bisherigen Vögel erstellen und veröffentlichen.

Allerdings muss erwähnt werden, dass das Flugbild von Wiggerl gegenüber Vinzenz manchmal noch etwas "wackeliger" ausschaut, auch seine Landungen sind nicht immer ganz so glatt.

 

Entdeckung der Futterplätze

Vinzenz an Futterplatz 1 |© NPV & LBV © NPV & LBV
Vinzenz bei seinem ersten Besuch an Futterplatz 1. Durch die findigen Kolkraben, Rabenkrähen und Alpendohlen herrscht hier bereits rege Betriebsamkeit.

Entscheidend für die weitere Entwicklung und das Leben außerhalb der Nische ist das selbstständige Auffinden von Nahrung. Wie in den Jahren zuvor haben wir wieder verschiedene Stellen eingerichtet, die jeweils immer größere Entfernungen und Höhen aufweisen. Daher werden sie auch erst mit zunehmenden Fähigkeiten von den jungen Bartgeiern entdeckt.
Die Futterplätze haben wir deshalb an Orten etabliert, an denen auch von Natur aus eine hohe Wahrscheinlichkeit bestünde, Kadaver und Knochen zu finden: Lawinen- und Steinschlagrinnen oder steilere Geröllfelder. (Tatsächlich haben wir an allen eingerichteten Futterplätzen vor Beginn der Auswilderung Knochen oder andere Überbleibsel gefunden!)

Futterplatz 1 befindet sich in relativer Nähe der Auswilderungsnische und wurde in den vergangenen Jahren von allen vier Vorgängerinnen deshalb schon am Tag des Erstflugs entdeckt. Wie im letzten Jahr hat es heuer dafür etwas länger gedauert. Vinzenz war ja am Samstag noch einmal in die Nische zurückgewandert und hatte sich dort noch einmal gestärkt. Er konnte aber am darauffolgenden Tag (30.06.) den ersten Futterplatz entdecken.

 

 

Inzwischen hat auch Wiggerl einen Futterplatz gefunden

Vinzenz und Wiggerl am Futterplatz |© NPV & LBV © NPV & LBV
Vinzenz und Wiggerl haben sich das erste mal außerhalb der Nische getroffen und gleich zusammen gespeist.

Wiggerl brauchte ebenfalls ein paar Tage, bei ihm war es dann gestern so weit, dass er den frisch bestückten Futterplatz 1 gefunden hat. Heute kam es übrigens zu einer anderen Premiere: Beide haben sich unseren Beobachtungen nach heute das erste Mal außerhalb der Nische getroffen und zwar ebenfalls am Futterplatz 1.

Wiggerl hat auch schon den nächsten Futterplatz entdeckt

Vinzenz in der Nähe von FP3 |© David Schuhwerk © David Schuhwerk
Vinzenz aus Sicht des Monitoringteams in der Nähe vom Futterplatz

Einen weiteren Rekord stellte Vinzenz auf, der schon am 02.07. an Futterplatz 3 landete. Dabei ist ihm natürlich die bereits erwähnte Flughöhe zugutegekommen. Auch hier lohnt wieder ein Vergleich mit den vorhergehenden Jungvögeln, um die Leistung besser einordnen zu können: Als bisherige erste hatte Dagmar diesen Platz entdeckt und zwar 18 Tage nach dem Erstflug. Bei Wally und Bavaria dauerte es um die vier Wochen, bis sie sich zum ersten Mal an FP3 einfanden.

Damit sind die ersten Schritte vollbracht und wir sind gespannt, wann sie die weiteren Plätze bzw. im Idealfall weitere natürlich vorkommende Kadaver, von denen einige im Umfeld der Halsgrube vorhanden sind, finden werden.

 

 

Konfrontationen mit den Steinadlern

Vinzenz und Steinadler |© Markus Leitner © Markus Leitner
Vinzenz und der Klausbacher Terzel bei ihrer ersten größeren Konfrontation

Von Tag eins an nach dem Ausflug sorgen mögliche Konfrontationen mit den Steinadlern jedes Jahr für eine gewisse Nervosität beim Projektteam. Schließlich hat das Klausbacher Revierpärchen den jeweiligen Neuankömmlingen immer viele Jahre Lebenserfahrung, Flugpraxis und Revierkenntnis voraus und es besteht die Möglichkeit, dass die jungen und unerfahrenen Bartgeier bei solchen Konfrontationen verletzt werden.
Seit dem Ausflug sind die Steinadler quasi täglich in und um die Halsgrube unterwegs.
Vinzenz hatte schon am 30.06. die erste heftigere Auseinandersetzung mit dem Klausbacher Terzel. Nach dem Zusammentreffen war bei Vinzenz eine Lücke in der rechten Armschwinge zu erkennen. In den darauffolgenden Tagen zeigt e sich, dass diese Lücke mal verschwunden, mal aber auch wieder vorhanden war. Möglicherweise wurde bei dem Kontakt eine Feder verschoben. In jedem Fall beeinträchtigt es aber nicht seine Flugfähigkeit.


Wir hoffen natürlich, dass sich das ganze so gut entwickelt, wie bei den anderen Jungvögeln. Wir dürfen an der Stelle noch einmal an die resolute Sisi erinnern, die den Steinadlern recht deutlich klargemacht hatte, wer nun in der Halsgrube das Sagen hat

Konflikte im Luftraum

Konflikte im Luftraum |© Markus Leitner © Markus Leitner
Während das Steinadlerpärchen auf Vinzenz losging, mischte auch noch ein Turmfalke mit, die am Knittelhorn heimisch sind. Da wird auch keine Rücksicht auf den enormen Größenunterschied genommen.

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