LBV-Besuch beim französischen Bartgeierprojekt

Filmaufnahmen in der südfranzösischen Auswilderungsregion Vercors

Übersicht Auswilderungsnische Vercors |© Toni wegscheider, LBV © Toni wegscheider, LBV
Übersicht über die Auswilderungsnische und deren Umgebung in Vercors

Im Rahmen einer Produktion von Arte zum europäischen Bartgeierprojekt konnte Toni Wegscheider kürzlich die Kollegen in der südfranzösischen Auswilderungsregion Vercors besuchen. Dort werden seit 2012 jährlich zwei junge Bartgeier aus dem internationalen Zuchtprogramm EEP freigelassen. Mittlerweile haben sich ganz in der Nähe zwei feste Reviere gebildet in denen jährlich ein bis zwei Jungvögel erfolgreich ausfliegen. Damit entsprechen die Rahmenbedingungen und der dortige Projektverlauf ziemlich genau der im Nationalpark Berchtesgaden herrschenden Situation und der zukünftig erhofften Entwicklung.

Eingebettet sind die Auswilderungen im Rahmen von umfassend angelegten LIFE Projekten, die neben der allgemeinen Reduktion von Gefährdungen für den Bartgeier, vor allem die Förderung der Verbindung der Populationen aus dem Alpenraum mit den Pyrenäen als Ziel hat.

 

 

Kontinuierliche Bartgeierfutterplätze

Schild Futterplatz Vercors |© Toni Wegscheider © Toni Wegscheider
Die speziellen Futterplätze sind gekennzeichnet. Dort werden gezielt Nutztiere aus der regionalen Landwirtschaft für Bartgeier ausgelegt.

Im Detail gibt es dennoch große Unterschiede in der Methodik der Auswilderung und des Managements der Bartgeier in der Umgebung. So werden trotz hoher lokaler Vorkommen an Wildtieren wie Steinbock, Gämse und Rothirsch dennoch an speziellen Futterplätzen gezielt auch tote Schafe aus der lokalen Landwirtschaft für Bartgeier ausgelegt. Solche „placettes“ sind im südwestlichen Mittelmeerraum traditionell üblich und entsprechen dem dichten Netzwerk der spanischen „muladares“, bzw. der einst auch in Deutschland verbreiteten Schindanger. Im Ostalpenraum haben sich LBV und Vulture Conservation Foundation hingegen entschieden, dass aufgrund der hohen Wilddichten in den Bergen und der damit ausreichenden Nahrungsversorgung kein weiteres Futter von Menschenhand ausgelegt wird.

 

 

Unterschiede der Auswilderungsnischen

Auswilderungsnische Vercors |© Toni Wegscheider © Toni Wegscheider
Die Detailaufnahme durch das Spektiv zeigen die Unterschiede in der Konstruktion der Auswilderungsnische

Auch die Gestaltung der Auswilderungsnische unterscheidet sich deutlich von derjenigen im Nationalpark Berchtesgaden. Im Gegensatz zum dortigen großräumigen Felsvorsprung wird in Vercors in einer kleinen Nische mit zwei vollständig vergitterten, getrennten Abteilen ausgewildert. Beide Junggeier haben ihr eigenes Gehege und können sich durch das Gitter zwar sehen, aber nur eingeschränkt miteinander interagieren. Das vermeidet natürlich Aggressionen, verhindert aber auch gegenseitige friedliche Verhaltensweisen. Erst zum üblichen Zeitpunkt des Erstflugs im Alter von 120 Tagen wird der Absperrzaun der beiden Gehege Richtung Felsabbruch hin geöffnet, sodass sie ausfliegen können.

 

 

Erste außergewöhnliche Erfolge

Monitoring in Vercors |© Toni Wegscheider © Toni Wegscheider
Toni Wegscheider mit französischen Kollegen beim Monitoring

Dass auch diese noch in vielen weiteren Details vom Vorgehen in Bayern abweichende Methodik erfolgreich ist, sieht man an der ersten Brut in der Umgebung nach 10 Jahren Projektlaufzeit. Eine absolut außergewöhnliche Entwicklung hat sich dabei im Jahr 2023 ergeben: Ein erst vierjähriges Weibchen („Pamela“, ausgewildert 2019), die sich bereits im Vorjahr mit einem bis heute unbekannten Bartgeier verpaart hatte, konnte in diesem sehr jungen Alter bereits erfolgreich ein Küken aufziehen. Normalerweise werden Bartgeier erst mit ca. sechs Jahren geschlechtsreif, dennoch hat Pamela aktuell mit fünf Jahren bereits das zweite Küken ihres Lebens im Horst sitzen. Sie selbst hat noch nicht einmal das volle Erwachsenengefieder ausgebildet – eine äußerst spannende Situation, die wieder einmal einiges über den Haufen wirft, was man über diese so gut erforschte Vogelart zu wissen glaubte.

Toni Wegscheider

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