VOGELSCHUTZ 4-22

FOTOS: FRANZISKA WENGER Was sind die nächsten Schritte? Es hilft natürlich, wenn die Verpächterinnen und Verpächter ihre Flächen gut kennen und wissen, welche Feldfrüchte angebaut werden oder wie es dort um die Lebensraum- bzw. Artenvielfalt bestellt ist. Dann können sie – mit dem Wissen aus der Beratung – gut allein mit ihren Landbewirtschaftenden über die Flächen sprechen und klären, welche gewünschten Maßnahmen umsetzbar sind. Aber auch, wenn diese Ortskenntnis fehlt und die Landbesitzenden weiter entfernt wohnen, kann ich helfen, die passenden Maßnahmen zu ihren Vorstellungen einer nachhaltigen Verpachtung zu finden. Haben Sie dafür ein Beispiel? Ein Milchviehbetrieb braucht auch junges, eiweißreiches Gras für sein Vieh, und damit einen frühen Schnitt bei der Wiesenbewirtschaftung. Eine späte erste Mahd kommt hier eher nicht in Frage. In diesem Fall können Verpächterinnen und Verpächter zum Beispiel vereinbaren, dass nur noch zweimal im Jahr gemäht wird und zwischen den Mahdterminen etwa acht Wochen Zeit bleibt. In dieser Bewirtschaftungspause können die wiesenbrütenden Vogelarten ihre Brut aufziehen. Die Nester werden nicht vom Mähwerk zerstört. Gibt es auch geeignete Naturschutzmaßnahmen im Winter? Der Boden muss auch im Winter bedeckt und durchwurzelt sein, damit die Bodenlebewesen mit Futter versorgt sind, sobald sie wieder aktiv werden. Außerdem ist der Boden so gegen Verwitterung und Erosion geschützt. Dauerhafte Randstreifen oder Hecken am Acker bieten Überwinterungsmöglichkeiten für Insekten. Manche Wildbienen-Arten legen ihre Eier in den Pflanzenstängeln von Stauden ab, die deshalb über den Winter stehen bleiben sollten. Außerdem bieten Randstrukturen Futter und Deckung für Rebhuhn & Co. Mittlerweile fehlen diese Randstrukturen jedoch häufig … Genau. Im Bayernatlas zeigen die Luftbilder, wie die Landschaft strukturiert ist. Dabei erkennt man, dass Randstrukturen an den Feldern fehlen. Früher war die Landschaft kleinstrukturierter und von Hecken, Ackerrainen und Feldwegen durchzogen. Diese Randstrukturen sind von grundlegender Bedeutung für die Biodiversität, weil auch Feldvögel, Hasen und andere Kleintiere dort Brut- und Rückzugsmöglichkeiten und Nahrung finden. Bleiben Altgrasstreifen über den Winter stehen, können Insekten und andere Tiere darin überwintern. Randstreifen mit Ackerwildkräutern bieten Nahrung und Schutz für Insekten und andere Arten. Verpächterinnen und Verpächtern kommt also eine wichtige Rolle beim Erhalt und der Förderung der Biodiversität zu. Können auch Menschen, die keine landwirtschaftlichen Flächen besitzen, etwas zur Artenvielfalt beitragen? Sie können Landbesitzende aufmerksammachen auf ihre Gestaltungsmöglichkeiten. Ebenso kann man Kirchen und Kommunen ansprechen, die häufig viele Hektar Land besitzen, und sie über das Fairpachten-Beratungsangebot informieren. Diese können nachfolgend dann weitere Schritte für eine nachhaltige Verpachtung im Sinne von Klimaschutz, Bodenfruchtbarkeit und Biodiversität planen. Und wie sind Sie zu Fairpachten gekommen? Ich engagiere mich seit vielen Jahren für Biodiversität in der Agrarlandschaft und mache Bildungs-, Öffentlichkeits- und Netzwerkarbeit dazu. In Verbindung mit meinen Vogelstimmenwanderungen konnte ich selbst beobachten, wie Vogelarten mit zunehmender Intensivierung der Wiesenbewirtschaftung verschwinden. Als Regionalberaterin für Fairpachten kann ich Menschen dabei unterstützten, sich ebenfalls für die Biodiversität zu engagieren. Das ist mir wichtig. LBV MAGAZIN 4|22 41

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