VOGELSCHUTZ 4-22

LBV MAGAZIN 4|22 23 Im Widerspruch zu den Zielen der EU-Wasserrahmenrichtlinie schrieben die Mitglieder des Deutschen Bundestags mit dem Osterpaket die pauschale Einstufung der Wasserkraft als überragendes öffentliches Interesse fest und zementierten die Förderung für Kleinwasserkraftanlagen. Sie konterkarierten damit Gewässerrenaturierungen sowie den Einsatz der Fischer zum Erhalt der heimischen Fischarten. Über die Hälfte der bayerischen Fischarten steht heute auf der Roten Liste, Wasserkraftanlagen sind hierfür maßgeblich mitverantwortlich. Dass dies auch künftig nicht viel besser werden wird, beweisen neueste Forschungsergebnisse des Landesamts für Umwelt. Das Projekt „Fischökologisches Monitoring an innovativen Wasserkraftanlagen“ bestätigt, dass auch moderne Anlagen den Fischschutz nicht wesentlich verbessern. Ein verheerendes Signal Die Probleme, die die Wasserkraft verursacht, sind so vielfältig wie schwerwiegend: Todesgefahr für Wassertiere durch die Turbinen, Zerschneiden der Fischwanderwege, Unterbrechung des Geschiebetransports, Erwärmung der Gewässer durch den Aufstau – die Liste ließe sich fortsetzen. Deshalb hält auch das Bundesamt für Naturschutz den Neubau und die Förderung von Wasserkraftanlagen mit Leistungen unter einem Megawatt nicht für zielführend. Dem geringen energetischen Ertrag stehen massive und dauerhafte Schäden im Gewässer und in Auenbereichen gegenüber. Wenn nun eine EEG-Förderung für solche kleinen Anlagen gewährt wird, müsste diese zumindest an die Einhaltung der gewässerökologischen Mindestanforderungen des Wasserhaushaltsgesetzes für Mindestwasserführung, Durchgängigkeit und Fischschutz geknüpft sein. Dies ist aber weiterhin nicht vorgesehen. Eine Katastrophe für den Schutz der aquatischen Biodiversität! Entscheidungen für Wenige? Über 4.000 Kleinwasserkraftanlagen mit weniger als einem Megawatt Leistung produzieren nicht einmal zehn Prozent des bayerischen Wasserkraftstroms und somit etwa 1,5 Prozent des bayerischen Gesamtstroms. Würde man diese Leistung verdoppeln wollen, bräuchte man weitere 4.000 Anlagen. Für einen solchen Ausbau gibt es nicht annähernd ausreichend geeignete Standorte. Die weitere Förderung erscheint in diesem Licht äußerst unsinnig: Es wurde nicht im Sinne der Natur entschieden, aber eben auch nicht zum Vorteil der Bürger. Sie sind es, die über die EEG-Mittel einen Wirtschaftszweig fördern, der weder nennenswert zur Energiewende beiträgt, noch ein nachhaltiges Unternehmensmodell verfolgt, denn die Stromausbeute der Kleinwasserkraft sinkt dank immer längerer Trockenperioden. Es drängt sich der Verdacht auf, dass hier – getragen von bayerischen Landespolitikern – Klientelpolitik betrieben wird. Echter Wechsel jetzt! Wollte die Regierung mehr Energieunabhängigkeit, müsste sie die Ertüchtigung großer Wasserkraftanlagen forcieren. Das könnte sie tun, indem sie einen Fehler der Vergangenheit korrigiert: In den 1990ern gingen die Konzessionen für fast alle staatseigenen Großwasserkraftanlagen an Konzerne. Unter anderem für die Walchensee- und Lechkraftwerke laufen diese Konzessionen jetzt aus. Sie müssen zurück in Staatshand, das wäre ein echter Paradigmenwechsel! Die Idylle trügt, denn hier wird Lebensraum zerstört. Wehre und Kraftwerke versperren Fischen den Weg und bedeuten für sie Lebensgefahr. PROF. DR.-ING. ALBERT GÖTTLE Präsident des Landesfischereiverbands Bayern

RkJQdWJsaXNoZXIy NDEzNzE=