VOGELSCHUTZ 4-22

10 LBV MAGAZIN 4|22 T H EMA DR. NORBERT SCHÄFFER LBV-VORSITZENDER Der vom russischen Präsidenten Wladimir Putin losgetretene Angriffskrieg auf die Ukraine dauert nun schon unerträgliche neun Monate – und ein Ende ist nicht in Sicht. Das damit verbundene Leid und die Zerstörung in der Ukraine entsetzen uns alle. Wirtschaftlich hat der Krieg unmittelbare Auswirkungen auch auf unser Leben, beispielsweise durch sprunghaft steigende Energiepreise und eine extrem hohe Inflationsrate. Unsere Abhängigkeit von russischem Gas und das Ziel, diese Abhängigkeit so schnell wie möglich zu beenden, bedingt unsere derzeit schwierige Lage. Zugegeben, die allermeisten von uns haben einmal geglaubt oder zumindest gehofft, dass man Präsident Putin trauen kann und dass er sich an internationale Regeln hält. Heute stehen wir vor der bitteren Erkenntnis, dass dies nicht der Fall ist. Zur Wahrheit gehört aber auch: Hätten wir, wie von vielen Natur- und Umweltschutzverbänden – auch dem LBV – gefordert, in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten größeren Wert auf Energiesparen und gleichzeitig auf den Ausbau der erneuerbaren Energien gelegt, wir müssten heute keinen Blackout fürchten oder bei autokratischen Herrschern um Gas betteln. Der Ausbau von regenerativen Energien ist in den vergangenen Monaten in den Fokus der öffentlichen und politischen Aufmerksamkeit gerückt. Im Hinblick auf den Klimawandel eine notwendige Entwicklung. Neben der Klimakrise bedroht uns aber auch das Artensterben, der Verlust unserer Biologischen Vielfalt. Jetzt heißt es mehr als jemals zuvor, diese Zwillingskrise gemeinsam zu lösen und nicht etwa unsere Biologische Vielfalt für den Ausbau der erneuerbaren Energien zu opfern. Für den LBV wird für viele Jahre ein Arbeitsschwerpunkt sein, dafür zu sorgen, dass beim Ausbau von Windkraft, Photovoltaik und Wasserkraft der Schutz unserer Tiere und Pflanzen und ihrer Lebensräume berücksichtigt wird. Windkraftausbau und Artenschutz Windkraft ist auch in Bayern ein wichtiger Teil der regenerativen Energien. Oftmals wird der LBV fast reflexartig als Kronzeuge gegen den Ausbau der Windkraft genannt. Das entspricht nicht unserer Position. Ich habe bei den verschiedensten Gelegenheiten immer wieder auf unser Positionspapier Windkraft verwiesen und betont: Auch der LBV will den Ausbau der Windkraft. Aber selbstverständlich nicht auf Kosten von Vögeln und Fledermäusen. Wir haben bei einer Abschaffung der 10 H-Regel ausreichend Flächen, auf denen Windkraft unproblematisch für Mensch und Natur ausgebaut werden kann. Es ist überhaupt nicht erforderlich, in windkraftsensiblen Lebensräumen wie naturnahen, unzerschnittenen Wäldern oder Truppenübungsplätzen zu bauen. Neben der Standortwahl, die im Rahmen der Regionalplanung erfolgen muss, halten wir auch technische Vorkehrungen wie automatische Abschaltmechanismen für ausgesprochen vielversprechend. Die Gefahr, dass beispielsweise ein durchfliegender Seeadler von einem Windrad erschlagen wird, kann ganz leicht gebannt werden. Automatische Erkennung und kurzfristige Abschaltung einer Anlage haben sich in anderen Ländern als erfolgreich erwiesen. Dies sollte auch in einem Hochtechnologieland wie Bayern eine Selbstverständlichkeit sein. PV auf Dächer, nicht in Wiesenbrütergebiete Bayern ist bekannt für viele Sonnenscheinstunden. Nachvollziehbar, dass Photovoltaik-Anlagen (PV) eine wichtige Energiequelle sein können. Auch hier müssen wir ganz genau darauf achten, dass die Biologische Vielfalt nicht darunter leidet. Selbstverständlich wollen wir PV-Anlagen zuallererst im bebauten Gebiet, z.B. auf Hausdächern oder Parkplatzüberdachungen. Freiflächenanlagen, die unvermeidbar sind, können tatsächlich so gestaltet werden, dass sie – zumindest im Vergleich mit der intensiven Landwirtschaft – durchaus interessant sind für eine große Anzahl von Tier- und Pflanzenarten. Moore müssen nach Ansicht des LBV die allerletzte Option als Standorte für PV-Freiflächenanlagen sein, und dies auch nur, wenn der trockengelegte Torfkörper gleichzeitig wiedervernässt und vor weiterer Zersetzung bewahrt wird. Tabu ist dagegen die vom S T A ND P UN K T inklusive Artenschutz Mehr Erneuerbare

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