VOGELSCHUTZ_4_17

Foto: Zdenek Tunka Wie viele andere Vogelarten leidet der Star unter der steti- gen Dezimierung seiner Nahrungsgrundlagen. Besonders betroffen ist er durch die Abkehr der Landwirtschaft von der extensiven Weideviehhaltung zugunsten von Massenviehhal- tung in Großställen. Denn damit einher geht der Verlust an kurzrasigen Grünlandbereichen, die er zur Nahrungssuche benötigt. Gleichzeitig soll die Auszeichnung des Stars auch auf den Zustand unserer Baumbestände und insbesondere den fortschreitenden Verlust von Höhlenbäumen aufmerksam machen. Der Star zählt zu den häufigsten Singvögeln in Europa. Er brütet in beinahe jeder Siedlung und ist vielen als „Kirschen- dieb“ im heimischen Garten ein Begriff. Am auffälligsten ist aber wohl sein Balzverhalten. Ähnlich einem Popstar singt er seine Strophen mit abgespreizten Flü- geln von einem exponierten Platz aus. Anstatt einer harmonischen Melodie tragen Staren-Männchen dabei eine Reihe von pfeifenden, zischenden oder schnalzenden Tönen vor. Da sie ihren Schnabel dabei kaum bewegen, erinnert ihre Darbietung fast schon an die eines Bauchredners. Insgesamt zeigen sich Stare stimmlich äußerst kreativ und imitieren auch die Rufe anderer Vogelar- ten wie Kohlmeise oder Umgebungsgeräusche wie Handyk- lingeltöne. Im Mai verehrt, im Juli verteufelt Schon seit jeher haben Menschen ein gespaltenes Verhältnis zum Star: Wird er im Frühjahr als nützlicher Vertilger landwirt- schaftlicher Schädlinge geschätzt, wird er ab dem Sommer als nimmersatter Schadvogel in Obst- und Weinbaugebieten verteufelt und vertrieben. So waren die Vergiftung von Staren durch Kontaktgifte und Köder, der Einsatz von Dynamit an Schlafplätzen oder der Fang an Winterquartieren bis in die 1980er Jahre weit verbreitet. Seitdem ging die direkte Verfol- gung der Tiere zumindest in Mitteleuropa dank der EU-Vogel- schutzrichtlinie um ein Viertel zurück. Es geht bergab – immer weniger Insekten Bereits seit den 1960er und 1970er Jahren zeigt sich in der Bundesrepublik ein deutlich abnehmender Bestandstrend beim Star. Mit Beginn der 1990er Jahre brachen die Brutpaar- zahlen sogar noch einmal um 36 Prozent ein. In der aktuellen deutschlandweiten Roten Liste der Brutvögel wurde der Star von „ungefährdet“ (2007) auf „gefährdet“ (2015) hochgestuft und übersprang damit prompt die sogenannte Vorwarnliste. Da der Star sich überall noch regelmäßig beobachten lässt, vollzog sich diese Entwicklung weitgehend unbemerkt von der breiten Öffentlichkeit. Dabei macht ihm vor allem der Verlust seiner Nahrungsgrundlagen schwer zu schaffen. Ein verändertes Konsumverhalten der Verbraucher und Produkti- vitätssteigerungen in der Viehhaltung führten dazu, dass die Weideviehhaltung mehr und mehr zurückgeht und kurzrasi- ge Grünlandbereiche, die der Star auf der Suche nach Kleintieren aufsucht, verschwinden. Parallel haben die zu- nehmende Intensivierung der Land- wirtschaft mit dem einhergehenden Einsatz chemischer Insektizide bereits jetzt verheerende Fol- gen für den Insektenreichtum in Deutschland und damit auch für die Nahrungsversorgung des Jahresvogels 2018. Umdenken beim Konsum Damit der Star einer unserer häufigsten Singvögel bleibt und in seinem Bestand nicht noch weiter zurückgeht, braucht er ein stabiles Nahrungsangebot und mehr (natürliche) Nisthöh- len. Es ist die Aufgabe der Verbände, auf politischer Ebene eine naturverträgliche Land- und Weidewirtschaft sowie den Erhalt alter Baumstrukturen (Totholz) einzufordern und durch- zusetzen, auch um unserem Jahresvogel ein reichhaltiges Nahrungsangebot und Nistplatz zu bescheren. Zugleich trägt aber auch jeder Einzelne Verantwortung und sollte sein Kon- sumverhalten hinterfragen sowie im eigenen Garten auf Pes- tizide verzichten. Eine bewusste Entscheidung für regionale, biologisch produzierte Erzeugnisse und für eine Reduzierung des Fleischkonsums hilft auch dem Star. ƒ Natürliche Bruthöhlen in alten Bäumen, zum Beispiel in Streuobstwiesen, werden auch für den Star immer rarer (kleines Foto). 4 I 17 VOGELSCHUTZ 11 Die Botschaft des Stares: „Eine naturverträgliche Weidewirtschaft und weniger Insektizide in unserer Landschaft!“ „ Als „ Kirschendieb “ wird der Star mancherorts vergrämt.

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